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Faszien und Vagusnerv: Der heiße Draht zum Wohlbefinden

Der heiße Draht zum Wohlbefinden


 

 

Woher kommen eigentlich die Empfindungen, ob wir uns wohlfühlen oder nicht? Handelt es sich dabei um Wahrnehmungen, die uns der Kopf mitteilt, die aus dem Körper kommen oder die im Außen liegen? Können wir die Art wie wir uns fühlen, bewusst beeinflussen? So viel sei schonmal verraten. Ein gutes Gefühl beginnt bei den Faszien. Warum das so ist erfährst du in diesem Artikeln

 

Die aktuelle Faszienforschung beschreibt das Fasziengewebes, als ein sensorisches und emotionales Organ, das entscheidend zu unserer körperlichen und seelischen Gesundheit beiträgt.

Als beeindruckendes Kommunikationsnetzwerk hat es seine „Fühler“ überall im Körper und steht in regem Austausch mit dem Gehirn.

Insbesondere die Verbindung zum Vagusnerv bietet in der Physiotherapie neue, interessante Behandlungsansätze, um chronische Schmerzzustände und stressbedingt Verspannungen, über das autonome Nervensystem, zu regulieren.

 

Faszien als sensorisches und emotionales Sinnesorgan

 

Lange glaubte die Medizin, Faszien seien ein totes Verpackungsmaterial. Heute weiß man, dass sie mit über 250 Millionen Sinneszellen das größtes und reichhaltigstes Sinnesorgan des Menschen sind.

 

Über diesen 6. Sinn können wir uns in der Welt orientieren. Hätten wir die Sinnesrezeptoren im Bindegewebe nicht, könnten wir nicht laufen, weil wir die Füße nicht spüren. Wir könnten nicht essen, weil die Hand den Mund nicht findet. Wir würden keinen Hunger und keinen Durst spüren, auch nicht, dass wir zur Toilette müssen. Wir könnten nicht fühlen, wenn uns ein Mensch liebevoll berührt. Wir würden uns in den Finger schneiden, weil wir keinen Schmerz spüren würden. Wir hätten schlichtweg kein Gefühl für den Körper.

 

Früher dachte man, die Haut sei das größte Sinnesorgan: Aber, es sind die Faszien, die das Gehirn mit den Lebenswichtigen Informationen versorgen.

 

Faszien als Sinnesorgan
Faszien als Sinnesorgan

1. Propriozeptoren: Sie liefern Informationen über die Gelenkstellung im Raum. Sie geben uns eine Orientierung darüber, wo sich etwas in unserem Körper befindet.

 

2. Interozeptoren: Sie liefern Informationen aus der Organebene. Durch sie spüren wir Hunger, Durst, Toilettendrang. Wärme, Kälte, Kribbeln, Strömen. Aber auch Gefühle, wie Wut, Traurigkeit, Freude, Angst. Die Interozeptoren lassen uns fühlen, ob wir uns zugehörig fühlen oder nicht. Sie lassen uns innerlich fühlen, wie etwas ist.

 

Nozizeptoren: Sie warnen den Körper durch Schmerz vor einer drohenden Schädigung oder machen ihn auf eine bereits bestehende Gewebeschädigung aufmerksam. Sie lassen uns spüren, was gerade ist.

 

Eine schlechte Propriozeption begünstigt chronische Rückenschmerzen

 

Diese Sinnesqualitäten des Fasziengewebes sind wichtig für unsere Körperwahrnehmung. Forschungsergebnisse berichten, dass Menschen mit schlechter propriozeptiver Stimulation, verstärkt an Rückenschmerzen leiden.Menschen, die an Depressionen und PDBS erkrankt sind, verfügen über einen verminderten interozeptive-Wahrnehmung.

 

 

Faszien und der heiße Draht zum Gehirn

The Embodied brain
The Embodied brain

Faszien kommunizieren mit dem Gehirn auf verschiedene Wege. Gespickt mit Millionen Nervenfasern, streckt es seine Äste wie ein verzweigter Baum in die entlegensten Winkel des Körpers, sogar bis in die Eingeweide hinein.

 

Das Bindegewebe versorgt die oberste Kommandozentrale in Bruchteilen von Sekunden mit Daten. Bewegungssignale aus der Propriozeption sendet es an den Bewegungskortex im Gehirn. Daten aus der interozeptiven Wahrnehmung gehen direkt zum Emotionszentrum. Der Insula.

 

C-Taktile Fasern und Emotionszentrum

 

Interessanter Weise gibt es in den Faszien spezielle Fasern, welche interozeptive Eigenschaften besitzen. Man nennt sie C-Taktile Fasern. Sie befinden sich auf behaarter Hat und reagieren zeitverzögert auf sanfte Berührung und tiefen langsamen Druck. 

 

Sie empfangen, wenn man so will, die Absicht einer Berührung und leiten deren Botschaft ans Gehirn. Wenn eine Mutter ihr Baby sanft und liebevoll streichelt, erfährt das Kind über die C-Taktilen Fasern Geborgenheit und Beruhigung, ohne dass es die Worte der Mutter verstehen muss.

 

C-Taktile Fasern als Bodyguard des Körpers

 

Unter Stress verwandeln sich die C-taktilen Fasern allerdings in Nozizeptoren. Das Fasziengewebe reagiert dann auf Berührung nicht mehr mit einem angenehmen Schmelzeffekt, sondern mit Schmerzen.

 

Stell dir vor, du bist allein im Dunkeln und spürst auf einmal eine fremde Hand in deinem Nacken. Sicher wird deine interozeptive- Wahrnehmung diese Situation emotional anders bewerten, als wenn eine vertraute Person deinen Nacken berührt.

 

Absichtslose Berührung entspannt gestresste Faszien

 

In der Therapie müssen wir uns mit diesen C-Taktilen Fasern gut stellen, indem wir die Absicht unsere Berührung immer wieder hinterfragen. Wenn wir uns bei dem Gedanken erwischen, dass jetzt das Gewebe unbedingt weich werden muss, und innerlich ungeduldig sind, und mit Härte und viel Druck arbeiten, haben wir schon verloren. Wenn wir hingegen Geduldig sind und warten können, belohnen uns die Faszien mit dem berühmten Schmelzeffekt. Dieser hat positive Auswirkungen auf unsere Psyche. Nach einer erfolgreichen Behandlung fühlen wir uns nicht nur körperlich beweglicher sondern auch emotional entlastet.

 

Faszie lieben innere Vorstellungsbilder

 

Stimulieren kann man die interozeptive Wahrnehmung über anatomische Vorstellungsbilder. Faszien lieben das.  Stell dir vor, du liegst im warmen Wasser, und dein Körper macht ganz kleine leichte, mühelose Bewegungen. Wie fühlt sich das in deiner Wirbelsäule an? Wie reagiert dein Bindegewebe darauf?

 

 

Vagusnerv: Vermittler zwischen Faszien, Nervensystem und Gehirn

Vagusnerv
Vagusnerv

Der Hauptkanal der interozeptiven-Wahrnehmung, läuft über den Vagusnerv. Er ist Teil des vegetativen Nervensystems und für die autonomen Regulationsprozesse im Körper, wie Atmung, Blutdruck, Sauerstoffsättigung, Herzschlag und Verdauung verantwortlich. Gleichzeitig übernimmt er wichtige Aufgaben bei der Entzündungshemmung und Stressregulation.

 

Wie ein Vagabund verläuft der 10. Hirnnerv von der seitlichen Schädelbasis zum Hals, durchzieht die Kehle, wandert durch Lunge und Herz, geht durch das Zwerchfell und streckt seine Äste bis tief in den Darm hinein.

 

Man kann ihn sich als eine bidirektionale Datenautobahn zwischen Körper und Gehirn vorstellen.

 

Body-to-brain Autobahn

 

80% seiner Informationen bezieht der Vagusnerv aus dem körperweiten Fasziennetzwerk und den Bauchorgane. Er leitet seine Botschaften direkt an das Stammhirn und zum Emotionszentrum. 

 

Das Stammhirn hat nichts als Überleben im Kopf 

 

Seit 45 Millionen Jahren stellt sich  unser ältestes Gehirn nur eine Frage: Bin ich sicher!?

 

  • Ist in meinem Körper alles in Ordnung? 
  • Ist es sicher, was ich gerade tue?
  • Kann ich der Person vertrauen, mit der ich gerade zusammen bin? 

 

Es wertet alle eintreffenden Daten nach dieser einen Frage aus und veranlasst dementsprechende autonome Reaktionen, die wir dann als Verhalten beobachten können. 

 

Das kann von einem Gefühl der Sicherheit und Verbundenheit, über Kampf-und Flucht Reaktionen bis hin zu Immobilisation durch Angst reichen.

 

Ein sicheres Körpergefühl kommt aus einer angenehmen Interozeption

 

Je sicherer wir uns fühlen, desto angenehmer sind die interozeptiven Körperempfindungen.  Wir fühlen uns warm, wohl, lebendig, offen, geschmeidig und leicht. Je unsicherer, desto unangenehmer wird das innere Gefühl. Kalt, eng, schmerzhaft, oder abgeschalten.

 

Negative Gedanken bewirken eine körperliche Reaktion

 

Selbst ein einziger Gedanke kann die interozeptive Wahrnehmung beeinflussen. 20% der Kommunikation fließen vom Gehirn zum Körper. Das erklärt, warum positive Gedanken Schmetterlinge im Bauch und negative Bauchschmerzen auslösen können.

 

Der Zustand des Nervensystems bestimmt den Faszientonus

Im gesunden Zustand sind Faszien und Muskeln in der Lage, sich mühelos an die verschiedenen autonomen Zustände des Nervensystems anzupassen.

 

 

·       Bei einem Sturz versteifen sich die Faszien blitzschnell um den Körper bei einem Aufprall zu schützen.

 

·       Wenn wir uns ärgern werden sie hart.

 

·       Bei einer angenehmen Berührung werden sie weich und durchlässig.

 

·       Wenn wir davonrennen, geben sie den Beinmuskeln die nötige Spannkraft.

 

 

Faszien und Nervensystem als Dreamteam für Sicherheit

 

Faszien und Nervensystem bilden somit ein hervorragendes Gespann. Das Hirn verlässt sich auf die Verwandlungskraft der Faszien und die Faszien verlassen sich auf die klugen Entscheidungen des Gehirns.

 

 

 

Je elastischer und feuchter das Bindegewebige Netzwerk ist, desto schneller und präziser findet der Datenaustausch statt.

 

Die intrazelluläre Flüssigkeit im Fasziengewebe dient als Übermittlungsmedium. Vergleichbar mit der heutige Glasfaserleitung. Wenn alle Gelenke stabil, Hunger und Durst gestillt sind, keine unangenehmen Menschen in der Nähe und keine Körperschädigungen zu erwarten ist, schaltet das autonome Nervensystem in den sogenannten ventral-vagalen Modus. Den Sicherheitsmodus.

 

 

Daran erkennst du, dass sich dein Nervensystem sicher fühlt

 

·       Herz und Atmung sind gleichmäßig und ruhig.

·       Die Augen glänzen.

·       Der Faszientonus ist weich und elastisch.

·       Wir fühlen uns wohl in unserer Haut.

·       Wir sind gesund, vital, und seelisch ausgeglichen.

·       Kontakt zu anderen Menschen empfinden wir als nährend und unterstützend.

 

 

Das schöne Gefühl, sicher zu Hause zu sein, entspricht etwa dem Gefühl,

dass uns die Faszien vermitteln, wenn sie ihrer Kommunikationsaufgabe nachkommen.

 

Chronische Schmerzen und autonomes Nervensystem

 

 

Leider können viele Menschen von einem derart angenehmen Körpergefühl nur träumen. Aber warum ist das so? Das Bindegewebe ist verspannt und steif. Das emotionale Wohlbefinden wird durch ein Stimmungstief ersetzt und die Geschmeidigkeit im Rücken verwandelt sich in quälende Kreuzschmerzen.

 

Faszien können sich bei Stress selbstständig zusammenziehen

 

Neben der mechanischen Gleit- und Fließeigenschaften, hat das Fasziengewebe noch eine besondere Qualität. In der Fachsprache spricht man von Faszien als sensorisches Sinnesorgan.

 

Faszien können fühlen

 

Wenn es Stress fühlt, kann es sich selbstständig zusammenziehen, um den Körper hart und unempfindlich zu machen. Es braucht dazu nicht einmal die Erlaubnis vom Gehirn. Es hat seine eigenen Antennen und das Gehirn verlässt sich auf seine Außenposten.

 

 

 

Was kann eine Stressreaktion der Faszien auslösen?

 

•   Zeitdruck.

      Unsichere zwischenmenschliche Beziehungen.

      Negative Emotionen und Gedanken.

•   Erschreckende Bilder und Nachrichten aus Fernsehen und sozialen Medien.

•   Unangenehme, laute Geräusche.

•   Verletzte, instabile Gelenke.

•   Schnelle Bewegungen oder Drehbewegungen.

      Wenn Belastung zu lange, zu viel, oder über längere Zeit, wiederkehren ist

 

Das Zusammenziehen der Faszien geschieht ganz ohne Muskelbeteiligung und ohne, dass wir bewusst etwas davon mitbekommen.

 

Über die Zeit bildet sich aus diesen Kontraktionen eine starre, harte Hülle um den Muskel, die auf Druck unnachgiebig ist. Über die Faszienspannung wird eine dauerhafte sympathikotone-Aktivierung eingeleitet, welche folgende Auswirkung hat:

 

·       Beschleunigung der Atmung und des Herzschlages.

·       Sauerstoffunterversorgung des Gewebes

·       Das Fasziengewebe verfilzt und wird steif.

·       Wir fühlen uns, als wäre die Haut zu eng geworden.

 

Bleiben diese Kontraktion über längere Zeit bestehen, ohne dass eine Regulation in den Sicherheitsmodus geschieht, veranlasst das Nervensystem eine Notbremsung um es vor einer Überlastung zu schützen. Die Energie wird gedrosselt.

 

 

Dieses Abbremsen macht sich auf Dauer bemerkbar durch:

 

  • chronische Erschöpfungszustände
  • Muskelschwäche
  • Verdauungsproblem
  • schwaches Immunsystem
  • massive Hals-Nacken-Verspannungen
  • eingesunkene Körperhaltung
  • verminderte Konzentrationsfähigkeit
  • depressive Verstimmungen
  • steifes, unelastisches Fasziengewebe

 

 

Die Faszienforschung fand bei Menschen mit Depressionen eine höhere Steifigkeit in der Brust- und Halswirbelsäule und eine geringere Elastizität im Bindegewebe vor, als bei der Kontrollgruppe.

 

 

Digitales Zeitalter und chronische Verspannungen

 

Leider können sich diese Kontraktionen von selbst nicht mehr lösen. Denn in unserem modernen, digitalen Alltag geschieht dieser Wechsel von sympathischer Aktivierung zurück in den Zustand von Entspannung und Sicherheit oft nicht. Unser System ist unbewussten Stressquellen ausgesetzt, die es zu einer Daueranspannung veranlassen.

 

 

 Hier ein kleiner Überblick von Stressquellen der modernen Zeit.

 

•   Reizüberflutung der Sinnesorgane (vor allem des visuellen Systems)

•   Unnatürliche Bewegung (SMS Daumen, SMS Klaue, Tablet-Schulter)

      Unnatürliche Haltung (Zwangshaltungen an Schreibtisch, Handynacken) Maschinen)

•   wenig echte Sozialkontakte und zwischenmenschliche Beziehungen

 

 

 

 

Stress und die Auswirkung auf die Körperwahrnehmung

 

·       Starres und festes Fasziengewebe wird trocken und porös.

·       Es verliert seine Kommunikationsfähigkeit mit dem Gehirn.

·       Das Althirn bekommt keine oder nur unzureichende Daten aus den Sinnesrezeptoren der Intero- und Propriozeption.

·       Die Körperwahrnehmung reduziert sich.

·       Im Gegenzug werden die Schmerzrezeptoren hochgefahren.

·       Das hat zur Folge, dass wir unsicher werden, uns weniger bewegen oder sogar Bewegung vermeiden.

·       Wir stehen unter einer Dauer „Hab acht Spannung“. Ein chronischer Teufelskreis entsteht.

 

 

Entlastung des Nervensystems löst die Faszien

 

Menschen, die mit stressbedingten chronischen Schmerzen in die Praxis kommen, haben oft eine Leidensodyssee hinter sich. Jeglicher Versuch, das erstarrte Gewebe zu lösen, scheitert an unnachgiebigen Faszien.

 

Lernen wie entspannen geht!

 

Aussagen wie, „sie müssen sich mal entspannen“, helfen leider wenig. Besser wäre es, den Klienten zu zeigen, wie sie lernen können, ihr Nervensystem zu regulieren, um die Spannung im Bindegewebe zu lösen und einen ventral-vagalen Zustand von Sicherheit einzuladen.

 

Schulung einer achtsamen Körperwahrnehmung

 

Über die Schulung einer achtsamen Körperwahrnehmung kann ein Zugang zu den Sinneszellen der Faszien hergestellt werden. Den eigenen Körper zu spüren aktiviert das Sicherheitssystem. Dies bedarf etwas Übung und ist zunächst für viele Menschen, ungewohnt und neu.

 

Je mehr Stress im Körper ist, umso weniger Zugang hat man zu dieser Wahrnehmungsebene.  Die gute Nachricht ist, das man Körperwahrnehmung wie einen Muskel Trainieren kann. Irgendwann denkst du gar nicht mehr darüber nach wie das gehen soll. Es wird so selbstverständlich sein wie Zähneputzen.

 

 

Stärkung des Sicherheitsgefühls, durch propriozeptive Stabilisation

 

Die propriozeptive Wahrnehmung kann durch Erfragen der Lage der Körperteile im Raum gestärkt werden:

 

Befindet sich dein Kopf vor oder hinter den Schultern?

 

Aber auch durch Gelenkstabilisation, Gleichgewichtsübungen oder Haltungsschulung, kann ein neues Sicherheitsgefühl im Kleinhirn und im sensomotorischen Kortex entstehen. Bewegung und Haltung wird als sicher eingestuft. Das Nervensystem wird dadurch entlastet und kann seine Schutzfunktionen herunterfahren.

 

Stimulation der Interozeption

 

Die interozeptive Wahrnehmung fragt nach dem, wie sich etwas gerade in uns anfühlt. Zugegebenermaßen klingt das für außenstehende Ohren etwas befremdlich, wenn jemand sagt, seine Beine fühlen sich hölzern, dumpf, bleischwer oder taub an. Diese Aussagen sind aber für oft ein Anzeichen dafür, dass die Faszien spröde, trocken und verfilzt sind und nicht mehr Kommunizieren.

 

Je elastischer und durchlässiger die Faszien sind, umso besser fühlen wir uns in unserer Haut; Empfindungen wie weich, warm, lebendig sind Aussagen aus einer intakten interozeptiven Wahrnehmung.

 

Laut Faszienforschung kann die Arbeit mit dem interozeptiven Körpergefühl ein Schlüssel für dauerhaften Behandlungserfolg bei PTBS und psychoemotionalen Erkrankungen sein.

 

Interozeptie Übung: Aufwecken der Faszien

 

 

Nehme dir einen Moment Zeit um deinen Körper zu spüren, wie er gerade ist. Wir fühlt sich dein Muskel- und Bindegewebe in den Schultern und Nacken an. Wie gut lässt sich dein Kopf drehen?

 

Faszien lieben Vibrationen und sanftes klopfen. Deswegen beginne deinen Körper ganz sanft mit den Fingerspitzen abzuklopfen. Das kannst du im Stehen oder im Sitzen tun. Beginne bei der Kopfhaut, wandere übers Gesicht, Hals, Brustkorb Arme, Bauch, untere Rücken, Po, Beine. Klopfe nicht einfach ohne Sinn, sondern spüre wie sich das Klopfen deiner Finger an der Kopfhaut anfühlt. Welche Empfindungen löst es aus. Angenehme? Interessante?  Versuche zu erspüren, wo es besonders angenehm ist, und klopfen dort ein bisschen länger, bis du zur nächsten Stelle wanderst. Wenn du auf diese Weise deinen Körper von Kopf bis Fuß beklopft hast, nimm dir einen Moment Zeit, um wahrzunehmen, wie sich das Bindegewebe unter deiner Haut jetzt anfühlt. Vielleicht fühlst du ein pulsieren, oder ein Strömen, oder fühlst dich wacher. Herzlichen Glückwunsch, du hast deine Faszien aufgeweckt.

 

 

Sympathikusdämpfung durch Training der Augen-Hand-Koordination

 

Durch digitale Reiz- und Informationsüberflutung werden im Gehirn Stressreaktionen mobilisiert. Über sensomotorisches Training, vorwiegend der Hand-Augen-Koordination, können Verarbeitungsprozesse im sensorischen Kurzzeitspeicher angeregt werden, welche den ventralen-Vagusast stimulieren und sich beruhigend auf den Sympathikus auswirken.

 

Ein aktives Kleinhirn hilft übrigens bei der kreativen Problemlösung. Es lässt sich durch einfache sensomotorische Übungen wie, Ballwerfen und Fangen, Koordinations-, Rhythmus- und Überkreuzbewegungen aktivieren.

 

Sensomotorische Übung:

 

Wenn dein Kopf voll ist und du dich im Nacken verspannt fühlen, oder eine Gedankenpause einlegen möchtest, versuche diese Übung: Nimm einen kleinen Ball oder einen wurfsicheren Gegenstand in die rechte Hand. Werfe ihn hoch und fangen ihn mit der gleichen Hand wieder auf. 5-10 mal. Verfolge den Ball dabei ganz genau mit deinen Augen. Widerhole den Vorgang auf der anderen Seite.

 

Erst wenn das gut klappt werfe den Ball von der rechten Hand in die linke 5-10 mal. Verfolge auch hier wieder den Ball mit deinen Augen. Das Ganz auch andersherum. Also von der linken in die rechte Hand.  Mit dieser einfachen Übung, hilfst du deinem Gehirn dabei, angestaute Informationen zu verarbeitet und dem Kopf frei zu bekommen. Das entspannt deine Faszien und reguliert das Nervensystem.

 

 Regulation des Nervensystems über Body-To Brain-Übungen

 

Über Miniinterventionen kann ein ventral-vagaler Zustand im Nervensystem erreicht werden. Damit diese Übungen in Akutsituationen ihre Wirkung entfalten können, ist es wichtig, sie in einem entspannten Zustand zu trainieren.

 

Übung: Seufzende Ausatmung

 

Seufzen ist ein natürlicher Abschluss, um von einer sympathikotonen Erregung zum Sicherheitsmodus zu wechseln. Oft geschieht dieser natürliche Reflex nicht von alleine und das Nervensystem bleibt in Aufruhr, obwohl sich die Situation längst geklärt hat. Seufzen drückt im Gehirn den Schalter für Sicherheit und Entspannung.

 

So geht´s.

Atme zweimal kurz hintereinander ein und einmal aus. Wiederhole diese Miniseufzer ruhig 2-5 Mal. Diese Art zu Atmen regt den Körper dazu an mehr zu seufzen;) Man kann diese Übung immer dann machen, wenn man bemerkt, dass man gerade dabei ist, sich über etwas aufzuregen. Dadurch wird eine sympathikotone Aktivierung unterbrochen.

 

 

Entspannung durch Neurofaszial Release.

 

Diese Techniken bezieht sich auf die Entspannung von Muskelgruppen, die als Schutzmuskeln von Hirnnerven innerviert werden. Viele Hirnnerven kommunizieren mit dem Vagusnerv. Durch sanftes neurofaszial Release der Trapezius-Faszie, können Therapeuten sozusagen direkt an der Schaltzentrale für Sicherheit und Kontakt arbeiten. Dies hat regulative Auswirkungen auf das gesamte autonome System.

 

Faszienarbeit ist lebendiges Hirntraining

 

Dank der Forschung wissen wir heute, dass Faszientherapie alles andere, als eine passive Therapieform ist. Über die Stimulation der verschiedenen Sinnessensoren und der daraus erwachenden Körperwahrnehmung, findet ein Feuerwerk im Gehirn statt. 

 

Früher dachte ich, es ginge darum den Körper zu entspannen und mögliche Stressquellen zu vermeiden. Heute weiss ich, dass Stress nicht vermeidbar ist und zum Leben dazugehört.

 

Steigerung der körpereigenen Resilienz

 

Viel wichtiger ist es, dem Körper zu schulen, wie er eine höhere Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft bekommt. Dadurch werden wir Bewegungsintelligenter und finden neue Antworten auf die Anforderungen des Lebens. 

Der Mut auch mal ein Risiko einzugehen steigt, weil wir wissen, dass sich der Körper nach einer Belastung oder sogar Negativerfahrung schnell erholt. Wir trauen uns die Dinge zu tun, die uns wirklich wichtig sind.

 

Take away: 

 

 

1.    Wir können über das Fasziengewebe das autonome Nervensystem regulieren und andersherum.

 

2.     Wir können durch Schulung der Körperwahrnehmung die interozeptive Versorgung rund um das Insula-Areal stimulieren, und somit das emotionale Wohlbefinden positiv beeinflussen. 

 

3.    Durch sensomotorische Übungen und Body to-Brain Übungen können wir das Nervensystem und das Fasziensystem neu gestalten.

 

 

Verliere den Kopf und komme zu Sinnen

 

Der Schlüssel für körperliches und emotionales Wohlbefinden liegt, wie wir jetzt wissen, direkt unter unserer Haut. Suche nicht nach dem Glück, sondern nach den Sinnen. Dann werden dich deine Faszien jeden Tag daran erinnern, das Wohlbefinden nicht im außen entsteht, sondern immer in dir selbst.

 

 

 

Autorin: Larissa Grassmann November 2023

 

Quellen: Faszien als sensorisches und emotionales Organ: Faszien als Sinnesorgan - ScienceDirect> Faszien als sensorisches und emotionales Organ: Emotionen, Faszien und Immunsystem - ScienceDirect< Der Selbstheilungsnerv< The singing athlet

 

 

 

 

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